Der Gesetzgeber hat offenbar erkannt, dass die bisherigen steuerlichen Anreize zur Förderung des Wohnungsneubaus (zum Beispiel § 7b EStG) nicht ausreichend sind, um die ausreichende Schaffung von Wohnraum in Deutschland zu fördern.


Aufgrund des akuten Wohnraummangels sowie der anhaltenden wirtschaftlichen Belastungen durch hohe Baukosten soll (…) zur Förderung des Wohnungsbaus und zur Unterstützung der Bauwirtschaft die Inanspruchnahme einer geometrisch-degressiven Abschreibung für Gebäude (…) befristet ermöglicht werden.

Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Wachstumschancengesetz, Deutscher Bundestag Drucksache 20/8628

Mit der Wiederbelebung der degressiven Abschreibung für bestimmte Wohngebäude will die Bundesregierung nun stärkere Anreize zum Wohnungsbau setzen.

Durch das Wachstumschancengesetz soll eine Neuregelung zur verbesserten Abschreibung von Wohnneubauten geschaffen werden.

Degressive Abschreibung

Der aktuelle Gesetzentwurf sieht eine geometrisch-degressive Abschreibung in Höhe von 6 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes im ersten Jahr beziehungsweise in den Folgejahren in Höhe von 6 % des Restwertes vor.

Im Vergleich zu der aktuellen linearen Abschreibung in Höhe von 3 % würde dies zu einer deutlich höheren Abschreibung in den ersten Jahren nach Anschaffung oder Herstellung führen.

Beispiel:

Neuherstellung eines Wohngebäudes zu Jahresbeginn mit Gebäude-Herstellungskosten in Höhe von 1.000.000 EUR.

Lineare Abschreibung 3 %Degressive Abschreibung 6 %
Herstellungsjahr30.000 EUR60.000 EUR
Folgejahr 0130.000 EUR56.400 EUR
Folgejahr 0230.000 EUR53.016 EUR
Folgejahre….

Liegt der degressive Abschreibungsbetrag nach einigen Jahren unter dem linearen Betrag, kann auf die lineare Abschreibung gewechselt werden.

Bei unterjährigem Anschaffungs- oder Herstellungsdatum ist für dieses Jahr die Abschreibung zeitanteilig vorzunehmen.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt werden?

Folgende Voraussetzungen müssen nach aktuellem Stand erfüllt werden:

  • Die degressive Abschreibung wird ausschließlich für Gebäude ermöglicht, die Wohnzwecken dienen.
  • Die Regelung ist zeitlich auf sechs Jahre befristet: Bei hergestellten Gebäuden muss die Herstellung im Zeitraum 01.10.2023 bis 30.09.2029 begonnen werden. Laut Gesetzesbegründung soll als Beginn der Herstellung das Datum in der nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften einzureichenden Baubeginnsanzeige gelten.
  • Im Fall der Anschaffung kann die Inanspruchnahme der degressiven Absetzung für Abnutzung nur dann beansprucht werden, wenn der obligatorische Vertrag im Zeitraum rechtswirksam abgeschlossen wird. Damit auch in Fällen der Anschaffung nur neue Gebäude von der Regelung umfasst werden, muss der Steuerpflichtige das Gebäude zudem bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung anschaffen.
  • Als Anschaffungsdatum des Gebäudes soll der Zeitpunkt der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht gelten. Das ist regelmäßig der Fall, wenn Eigenbesitz, Gefahr, Nutzen und Lasten auf den Erwerber übergehen. Für die Inanspruchnahme der degressiven Abschreibung im Fall der Anschaffung müssen also Fertigstellung und Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht in einem Kalenderjahr liegen.

Beispiel:

Steuerpflichtiger A erwirbt mit notariellem Vertrag vom 01.03.2024 eine von einem Bauträger zum 01.07.2024 fertiggestellte Wohnung. Laut notariellem Vertrag gehen Eigenbesitz, Gefahr, Nutzen und Lasten an der Wohnung zum 01.10.2024 auf A über.

Da Fertigstellung und Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht im gleichen Kalenderjahr 2024 liegen, kann A die geometrisch-degressive Abschreibung in Anspruch nehmen.

Würde dagegen die wirtschaftliche Verfügungsmacht auf A erst am 01.02.2025 übergehen, wäre der aktuellen Gesetzesbegründung zufolge eine Inanspruchnahme nicht möglich.

  • Beabsichtigt ist zudem, dass die neu geschaffenen Gebäude den KfW-Energieeffizienzstandard 55 erfüllen müssen.
  • Anders als der bisherige § 7b EStG, der bestimmte Obergrenzen für die Gebäudeherstellungskosten vorschreibt, sieht die neue Regelung keine Baukostenobergrenzen vor.

„Die neue Regelung sieht keine Baukostenobergrenzen vor. Es kann ab einem Effizienzstandard 55 gebaut werden.

Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen

Fazit

Mit der vorgesehenen geometrisch-degressiven Abschreibung würde der Gesetzgeber einen deutlichen, steuerlich attraktiven Anreiz zur Förderung des Mietwohnungsneubaus schaffen.

Begrüßenswert ist vor allem, dass die Neuregelung keine Obergrenzen bei den Baukosten vorsieht, die angesichts aktuell schwer vorhersehbarer Kostenentwicklungen ohnehin schwer planbar sind.

Insbesondere im Fall des Immobilienkaufs ist jedoch Vorsicht bereits bei der Vertragsgestaltung geboten, um die Inanspruchnahme der geometrisch-degressiven Abschreibung tatsächlich zu gewährleisten.


Am 22.03.2024 hat der Bundesrat dem Gesetz zugestimmt. Auch der leicht reduzierte Abschreibungssatz von 5 % macht für Kapitalanleger die Investition in Wohnungsneubauten interessant.“


Die geplante Neuregelung befindet sich aktuell noch im Gesetzgebungsprozess, das heißt es können sich noch Änderungen ergeben.

Wir halten Sie auf dem Laufenden bezüglich der weiteren Umsetzung und beraten Sie zu dem Thema Immobilien.

UPDATE:

Nach langwierigen Verhandlungen hat der Bundesrat hat am 22.3.2024 dem Kompromissvorschlag des Vermittlungsausschusses zum Wachstumschancengesetz zugestimmt. Im Vermittlungsausschuss wurde der Abschreibungssatz von den ursprünglich vorgesehenen 6 % auf 5 % reduziert. Nichtsdestotrotz bietet die Möglichkeit zur degressiven Abschreibung einen deutlichen steuerlichen Anreiz zum Mietwohnungsneubau und ist für Kapitalanleger interessant.