Die steuerliche Bewertung von Immobilien (Grundbesitz) für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungssteuer ist ein essenzieller Aspekt bei der Vermögensübertragung von Generation zu Generation in Deutschland.

Wenn Immobilien vererbt oder verschenkt werden, müssen sie mit ihrem angemessenen Verkehrswert bewertet werden, um die entsprechenden Steuern korrekt zu berechnen. In diesem Text werden die einschlägigen Rechtsnormen und Verfahren für die Bewertung von Immobilien für Erbschaft- und Schenkungsteuerzwecke überblickartig erläutert.

Bedeutung von Immobilien bei Erbschaften und Schenkungen

Die Bedeutung von Immobilien in künftigen Erbschaften nimmt stark zu, so die Feststellung des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA) in der Studie „Erben in Deutschland 2015 – 2024: Volumen, Verteilung und Verwendung“, die kürzlich in Berlin vorgestellt wurde.[1]

Während im Zeitraum von 2001 bis 2010 „nur“ 36 Prozent aller Erbfälle eine Immobilie beinhalteten, nimmt von 2015 bis 2024 der Anteil der Erbschaften mit Immobilien laut DIA-Studie auf 46 Prozent zu, d.h. beinahe jeder zweite Erbfall beinhaltet dann eine Immobilie.[2]


„Beinahe jeder zweite Erbfall beinhaltet eine Immobilie.“

Deutsches Institut für Altersvorsorge

Der Grund für diese Entwicklung: selbstgenutztes Wohneigentum hat sich in Deutschland stärker verbreitet.

Immobilien wirken sich zudem maßgeblich auf die Erbschaftshöhe aus: Gehören Immobilien zum Nachlass, dann wird in der Regel auch deutlich mehr Geld vererbt. Werden Immobilien vererbt, beträgt der Nachlass meist mehr als 150.00 Euro.

Bewertungsstichtag

Für die steuerliche Bewertung von Immobilien ist der Bewertungsstichtag entscheidend. Dieser ist der Zeitpunkt, zu dem der Erbfall eintritt oder die Schenkung erfolgt. Der Verkehrswert der Immobilie wird zu diesem Stichtag ermittelt und dient als Grundlage für die Berechnung der Steuer.

Steuererklärungen zur Immobilienbewertung

Gemäß § 12 Abs. 3 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) ist Grundbesitz im Rahmen der Steuerermittlung zur Erbschaft- oder Schenkungssteuer mit dem nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) auf den Bewertungsstichtag festgestellten Wert anzusetzen.

Die Bewertung von Immobilien findet daher tatsächlich nicht in der Erbschaft- oder Schenkungsteuererklärung statt.

Vielmehr ist neben der eigentlichen Erbschafts- oder Schenkungsteuererklärung für jede Immobilie, die vererbt oder verschenkt wird, eine weitere Steuererklärung zu erstellen, die sogenannte Erklärung zur Feststellung des Bedarfswertes für das Grundstück.


„Die Bewertung von Immobilien findet nicht in der Erbschaft- oder Schenkungsteuererklärung, sondern in einer sogenannten Feststellungserklärung statt.“


Auch die Finanzamtszuständigkeit unterscheidet sich regelmäßig: da nicht bei jedem Finanzamt eine Erbschaft- und Schenkungststeuerstelle angesiedelt ist, ist die Erbschaft- und Schenkungsteuererklärung bei dem Finanzamt einzureichen, welches speziell für diese Steuerarten zuständig ist.

Die Zuständigkeit des Finanzamtes, bei dem die Steuererklärung für die Immobilienbewertung einzureichen ist, richtet sich dagegen nach der Belegenheit der Immobilie. Es kommt also regelmäßig vor, dass im Rahmen einer Erbschaft oder Schenkung die Steuererklärungen bei unterschiedlichen Finanzämtern eingereicht werden müssen.

Ganz bedeutend ist die Unterscheidung, wenn Sie Einwendungen gegen die Bewertung des Grundstücks durch das Finanzamt vorbringen wollen. Sind Sie mit dem Wert der Immobilie, den das Finanzamt ermittelt hat, nicht einverstanden, müssen Sie Ihren Einspruch gegen den im Rahmen der Bedarfswertfeststellung ergangenen Steuerbescheid richten und nicht gegen den Erbschaft- oder Schenkungsteuerbescheid. Andernfalls kann es dazu kommen, dass das Finanzamt Ihren Einspruch aufgrund formaler Mängel ablehnt.

Methoden zur steuerlichen Bewertung von Grundstücken

Gemäß § 9 BewG ist für die Bewertung des Grundstücks dessen gemeiner Wert zu Grunde zu legen. Da bei einer Erbschaft oder Schenkung kein Kaufpreis für das Grundstück vorhanden ist, stellt sich die Frage, wie der gemeine Wert der Immobilie zu ermitteln ist.

Handelt es sich dabei um eine Kaufpreiseinschätzung, die ein Makler oder eine Bank für das Grundstück abgibt? Oder benötigt man dafür einen Immobilien-Gutachter?

Grundsätzlich benötigt man weder einen Makler noch einen Gutachter.

Das Bewertungsgesetz regelt in den §§ 176 ff. BewG, wie der Wert des Grundstücks zu ermitteln ist.


„Das Steuerrecht kennt verschiedene Methoden zur Bewertung von Immobilien, die zu unterschiedlichen Werten führen .“


Unterschieden wird dabei in unbebaute und bebaute Grundstücke.

Der Wert unbebauter Grundstücke bestimmt sich regelmäßig nach ihrer Fläche und den Bodenrichtwerten, die von dem Gutachterausschuss zuletzt vor dem Bewertungsstichtag ermittelt wurden.

Die Bewertung bebauter Grundstücke erfolgt nach drei verschiedenen Verfahren:

a) Vergleichswertverfahren (§ 183 BewG)

Hierbei wird der Verkehrswert der Immobilie anhand von Vergleichspreisen ähnlicher Grundstücke ermittelt, die in derselben Gegend und zu ähnlichen Zeitpunkten verkauft wurden.

b) Ertragswertverfahren (§§ 184 – 188 BewG)

Das Ertragswertverfahren kommt hauptsächlich bei vermieteten oder gewerblich genutzten Immobilien zum Einsatz. Hierbei wird der Verkehrswert auf Basis der zu erwartenden Erträge der Immobilie berechnet. Bodenwert und Ertragswert des Gebäudes ergeben in Summe den Ertragswert des Grundstücks.

c) Sachwertverfahren (§§ 189 – 191 BewG)

Bei dieser Methode wird der Wert des Gebäudes anhand der Regelherstellungskosten ermittelt, abzüglich einer angemessenen Alterswertminderung. Die Summe aus Bodenwert und Gebäudewert ergibt den Sachwert des Grundstücks.

Der Steuerpflichtige kann jedoch nicht beliebig zwischen den verschiedenen Verfahren wählen.

Das Bewertungsgesetz unterscheidet bei bebauten Grundstücken verschiedene Grundstücksarten, diese sind:

1. Ein- und Zweifamilienhäuser,

2. Mietwohngrundstücke,

3. Wohnungs- und Teileigentum,

4. Geschäftsgrundstücke,

5. gemischt genutzte Grundstücke und

6. sonstige bebaute Grundstücke.

Das vom Finanzamt anzuwendende Bewertungsverfahren bestimmt sich nach der Grundstücksart, in die die zu bewertende Immobilie einzustufen ist.

So sind zum Beispiel Ein- und Zweifamilienhäuser vorrangig per Vergleichswertverfahren zu bewerten. Liegen jedoch keine Vergleichswerte vor, ist die Bewertung im Sachwertverfahren vorzunehmen.

Wann ist die Beauftragung eines Immobilien-Gutachters sinnvoll?

Steht zu vermuten, dass der gemeine Wert des Grundstückes zum Bewertungsstichtag niedriger ist als der Grundbesitzwert, den das Finanzamt nach den oben steuerlichen Bewertungsverfahren ermittelt, hat der Steuerpflichtige gemäß § 198 BewG die Möglichkeit, den niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen.  

Dieser Nachweis ist regelmäßig durch ein Immobilienwertgutachten zu erbringen.

Als Gutachter kommen der örtliche Gutachterausschuss oder anerkannte Immobilien-Sachverständige in Betracht. Das Gutachten selbst muss bestimmten Anforderungen der Finanzverwaltung genügen, um anerkannt zu werden.

Als Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts kann ebenfalls ein im gewöhnlichen Geschäftsverkehr innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Bewertungsstichtag zustande gekommener Kaufpreis über das zu bewertende Grundstück dienen, wenn die maßgeblichen Verhältnisse hierfür gegenüber den Verhältnissen am Bewertungsstichtag unverändert sind.


„Ein Immobilien-Gutachten ist nur in Ausnahmefällen sinnvoll.“


Vor allem bei Grundstücken mit älteren Gebäuden oder Gebäuden in schlechtem Zustand kann es vorkommen, dass der tatsächliche Wert des Grundstücks niedriger ist als der steuerliche Wert. Dies liegt daran, dass die oben genannten Bewertungsverfahren des Finanzamtes auch bei alten Gebäuden stets einen mindestens 30-prozentigen Restwert ansetzen.

Zudem handelt es sich bei den steuerlichen Bewertungsverfahren um pauschalierende Verfahren, d.h. individuelle Mängel einer Immobilie bleiben bei der steuerlichen Bewertung unberücksichtigt.

In solchen Fällen kann die Beauftragung eines Immobilien-Gutachters zu einem niedrigeren Wert des Grundstücks führen und somit auch die Erbschaft- oder Schenkungsteuer reduzieren.

In Fällen, in denen nicht anzunehmen ist, dass ein deutlich niedrigerer Wert durch ein Gutachten nachgewiesen werden kann, erscheint die Beauftragung eines Gutachters dann grundsätzlich wirtschaftlich nicht als sinnvoll, wenn die Steuerersparnis die Kosten für das Gutachten nicht aufwiegen.

Steuerbefreiungen und Begünstigungen bei Immobilien

Es gibt einige Sonderregelungen und Steuerbefreiungen, die die steuerliche Belastung bei Immobilienübertragungen reduzieren können. Beispielsweise können Grundstücke, die Bestandteil von Betriebsvermögen oder land- und forstwirtschaftlichen Vermögen sind, unter bestimmten Voraussetzungen teilweise oder vollständig von der Erbschaft- und Schenkungsteuer befreit werden.


„In bestimmten Fällen können Immobilien steuerbegünstigt oder sogar vollkommen steuerfrei übertragen werden.“


Zu Wohnzwecken vermietete Immobilien können mit einem niedrigeren Wert angesetzt werden und im Rahmen der sogenannten Familienheim-Befreiung können unter gewissen Voraussetzungen eigengenutzte Grundstücke sogar vollkommen steuerfrei vererbt oder verschenkt werden.

Fazit

Die steuerliche Bewertung von Immobilien für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungssteuer ist ein komplexes Thema mit vielen rechtlichen Aspekten.

Da Immobilienwerte maßgeblich die Erbschaft- und Schenkungsteuer beeinflussen, kommt der richtigen Bewertung erhebliche Bedeutung zu. Daneben sind verfahrensrechtliche Aspekte zu beachten.


„Fehler bei der Übertragung und Bewertung von Immobilien können viel Geld kosten. Lassen Sie sich deshalb durch Spezialisten auf diesem Gebiet beraten.“


Wir beraten Sie gerne bereits im Vorfeld einer Grundstücksübertragung und erstellen für Sie im Rahmen einer Erbschaft oder Schenkung auch alle notwendigen Steuererklärungen.


[1] https://www.dia-vorsorge.de/wp-content/uploads/2015/09/DIA_Studie_Erben_in_Deutschland_LowRes.pdf

[2] In West-Deutschland liegt der Anteil von Erbschaften mit Immobilien bereits bei mehr als 50 Prozent.